Häufig übersehen: eine einfache Möglichkeit, die Erbschaftsteuerlast zu reduzieren.

Bisher war der Pflegefreibetrag nach  Auffassung der Finanzverwaltung nur Personen zu gewähren, die dem Erblasser gegenüber nicht gesetzlich zu Pflege oder zum Unterhalt verpflichtet waren. Dieses wurde nun durch das Urteil des BFH vom 10. Mai 2017 (II R 37/15) richtig gestellt.

Gem. § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG bleibt ein Erwerb bis zu € 20.000,00 steuerfrei, wenn ein Erbe „dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt hat, soweit das Zugewendete als angemessenes Entgelt anzusehen ist.“

Gerade innerhalb der Familie kommt es in der Regel zu unentgeltlichen Pflegeleistungen.

Der Begriff “Pflege gewähren“ im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist weit auszulegen. Es geht um die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person, wenn die Hilfsbedürftigkeit z.B. verursacht ist durch:

  • Krankheit,
  • Behinderung oder
  • Alter

Es reicht aus, dass die Pflege der Person durch Ihre Hilfsbedürftigkeit veranlasst war. Es muss keine Pflegebedürftigkeit i.S.d. § 14 Abs. 1 des SGB XI oder gar eine Pflegestufe vorliegen. Auch eine gleichzeitig vorliegende Unterhaltsverpflichtung ist nicht erforderlich. Der Erblasser kann über eigenes Vermögen verfügen. Die reine Hilfsbedürftigkeit reicht für den Pflegefreibetrag aus.

Zu den regelmäßigen, langfristig zu erbringenden Pflegeleistungen zählen u.a. die Unterstützung und Hilfe bei den gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung.

Der Pflegefreibetrag beträgt nicht immer € 20.000,00. Vielmehr müssen die erbrachten Leistungen dem entsprechen, was der Erblasser durch die Inanspruchnahme der unentgeltlichen bzw. unzureichend bezahlten Pflege- und Hilfsleistungen erspart hat. Durch die Begrenzung des Pflegefreibetrages auf € 20.000,00 wird einem missbräuchlichen Ansatz von überhöhten Pflegekosten entgegengewirkt.
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Höhe ist abhängig von Art, Dauer, Umfang und Wert der tatsächlich erbrachten Pflegeleistungen. Die Hilfsbedürftigkeit sowie Art, Dauer, Umfang und Wert der Pflegeleistungen sind vom Erben glaubhaft zu machen. Hierfür können die üblichen Vergütungssätze entsprechender Berufsgruppen herangezogen werden.

Liegt eine langjährige, intensive Pflege- oder ähnliche Leistung vor, kann auf Einzelnachweise verzichtet werden, wenn der Wert dieser Leistungen i.d.R über dem Höchstbetrag des Pflegefreibetrages liegt.

Achtung: vom Grunde her kann jeder Erbe diesen Freibetrag in Anspruch nehmen.

Regelmäßig werden entsprechende Pflegeleistungen von mehreren Personen erbracht werden. In Frage kommen nicht nur nahe Angehörige, wie der Ehegatte oder die Kinder, sondern auch entferntere Verwandte oder auch Nachbarn.

Je nach Steuersatz ergibt sich bei voller Inanspruchnahme des Pflegefreibetrages eine Steuerentlastung zwischen € 1.400,00 und € 6.000,00 – pro Person!

Beachten Sie aber, dass dieser Pflegefreibetrag nicht automatisch gewährt wird, sondern von einem entsprechenden Antrag des bzw. der Erben abhängig ist. In der Regel wird dieser Antrag im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung gestellt werden. Er kann jedoch bis zur Bestandskraft des entsprechenden Erbschaftsteuerbescheides nachgeholt werden.