Bisher sind Fahrschulen hinsichtlich ihrer Leistungen insoweit gem. § 4 Nr. 21 UStG von der Umsatzsteuer befreit, als es sich um Fahrlehrerausbildungsstätten, so die Formulierung der Finanzverwaltung in 4.21.2 UStAE, handelt. Diese Einschränkung könnte sich in der Zukunft ändern.

In einem bisher nicht veröffentlichten Beschluss hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Az: 5V5144/15)  entschieden, dass Fahrschulunterricht generell steuerbefreit sein könne. Die unterrichtete Fahrerlaubnisklasse spiele dabei keine Rolle. Somit könnten auch der Unterricht der Klassen A und B umsatzsteuerfrei (www.fahrschule-online.de) sein. Ob diese Rechtsprechung auch höchstrichterlich Bestand haben wird, ist derzeit noch völlig offen.

Dennoch sollten betroffene Fahrschulen alles tun, damit bei positiver höchstrichterlicher Entscheidung erst in einigen Jahren keine Ansprüche verloren gehen.

Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Fall 1

Die Fahrschule F hat in der Vergangenheit sämtliche Rechnungen, also auch diejenigen an Fahrschüler der Klassen A und B mit offenem Umsatzsteuerausweis erteilt und hält den Aufwand für entsprechende Rechnungskorrekturen und weitere etwaige formale Anforderungen zur Rückforderung der Umsatzsteuer für zu aufwendig.

Im Ergebnis wird F für die Vergangenheit auch nach ggf. positiver höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Umsatzsteuer zurückfordern können, weil F diese „unrichtige“ Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 1 UStG schuldet.

Allerdings wird F in der Zukunft in ihren Rechnungen die Umsatzsteuer bei Fahrschulunterricht der Klassen A und B nicht mehr offen ausweisen. F wird aber zunächst bis zu dieser höchstrichterlichen Entscheidung die Umsatzsteuer aus den Rechnungsbeträgen herausrechnen und an das Finanzamt abführen müssen.

Ferner sollte F sofort nach Abgabe der künftigen Umsatzsteuerjahreserklärungen den Antrag stellen, die umsatzsteuerpflichtig erklärten Beträge umsatzsteuerfrei zu stellen und das Verfahren bis zur höchstrichterlichen Entscheidung in dieser Sache ruhen zu lassen.

Das Finanzamt wird entsprechenden Anträgen hinsichtlich der Steuerfreistellung zunächst nicht entsprechen, muss aber in der Regel dem Ruhen des Verfahrens zustimmen. Damit wird erreicht, dass die entsprechenden Jahre nicht verjähren und im Falle einer späteren positiven höchstrichterlichen Entscheidung die Umsatzsteuer auf die entsprechenden Leistungen noch rückwirkend erstattet werden wird. Ein weiterer positiver Effekt könnte sein, dass entsprechende Guthaben nach Ablauf von 15 Monaten nach dem entsprechenden Jahr (für 2015 also ab dem 1. April 2017) mit monatlich 0,5 % zu verzinsen sind.

Ggf. wäre auch ein Antrag auf sog. Aussetzung der Vollziehung (AdV) denkbar, der bei Zustimmung des Finanzamtes dazu führen würde, dass die Umsatzsteuer zunächst nicht abzuführen wäre. Sollte höchstrichterlich die Entscheidung allerdings negativ ausfallen, wären die dann fälligen  Nachzahlungen entsprechend den vorstehenden Grundsätzen ebenfalls, dann aber von der Fahrschule, zu verzinsen.

Fall 2

Wie Fall 1, aber F nimmt den Aufwand in Kauf, die Rechnungen für den Unterricht der Klassen A und B rückwirkend zu berichtigen und ohne offenen Umsatzsteuerausweis auszustellen.

F stellt schnellstmöglich den Antrag, für alle noch nicht verjährten Jahre diese Leistungen umsatzsteuerfrei zu behandeln und den nach korrespondierender Berichtigung der Vorsteuer verbleibenden Umsatzsteuerüberhang zu erstatten.

Achtung: Die Voraussetzungen für eine Rückforderung von Umsatzsteuer ist in diesen Fällen an mehrere Voraussetzungen gebunden. Diese sind in jedem Einzelfall zu untersuchen.

Auch in diesem Fall wird das Finanzamt dem Antrag bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht entsprechen. Deshalb muss – wie oben dargestellt – ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gestellt werden. Da bis zur Entscheidung noch mehrere Jahre vergehen können, muss durch die beschriebenen Anträge die Verjährung etwaiger Ansprüche unterbunden werden.

Fall 3

Wie Fall 1, aber F hat für den Unterricht der Klassen A und B auch in der Vergangenheit keine Umsatzsteuer in ihren Rechnungen offen ausgewiesen.

F stellt wie in Fall 2 einen Änderungsantrag.

Wichtig: In allen Fällen gilt: es ist Eile geboten, weil ggf. zum 31. Dezember 2015 für vergangene Jahre Verjährung eintritt und damit die Möglichkeit eines solchen Änderungsantrages entfallen kann.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der o.g. Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg es Fahrschulen mit Unterricht der Klassen A und B bei Bestätigung dieser Rechtsprechung durch höchstrichterlicher Entscheidung ermöglicht, die Rendite durch die Steuerfreiheit dieser Leistungen deutlich zu steigern. Ob dieses aber tatsächlich so kommen wird, wird bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung in dieser Frage offen bleiben. Bis dahin sollten betroffene Fahrschulen sicherstellen, dass sie alle beschriebenen Maßnahmen ergreifen, um auch rückwirkend noch die Steuerfreiheit erhalten zu können.