Nachdem deutsche Politiker in den letzten Jahren befreundete Staaten wie die Schweiz und Liechtenstein als bösartige Steueroasen dämonisiert haben, versuchen sie es jetzt auf diplomatische Art. So hat Deutschland mit Liechtenstein am 2.9.2009 ein Steuerinformationsabkommen unterzeichnet. Und am 27.10.2010 wurde das neue, revidierte Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz unterzeichnet, das jetzt eine so genannte große Auskunftsklausel enthält. Gleichzeitig hat die Schweiz eine Verordnung über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV) erlassen.
Deutsche mit Kapitalvermögen in diesen Ländern müssen überlegen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Das gilt natürlich nur für diejenigen, die ihre Kapitaleinkünfte aus diesen Staaten bisher nicht angegeben haben. Exemplarisch sollen hier die neuen Regelungen zum Informationsaustausch mit der Schweiz dargestellt werden.
Bisher hat die Schweiz Anfragen deutscher Steuerbehörden nur in wenigen Ausnahmefällen beantwortet. Dies lag daran, dass sich die Schweizer Behörden regelmäßig auf das Bankgeheimnis berufen haben. Und andererseits wude ein Auskunftsersuchen nur beantwortet, wenn der Verdacht auf einen Abgabebetrug vorlag. Ein solcher lag niemals beim bloßen Verschweigen von Einkünften oder Vermögen vor. Nach der neuen Regelung kommt es hierauf nicht mehr an.
Auch nach den neuen Regelungen müssen Schweizer Finanzbehörden nur einzelne Anfragen deutscher Finanzbehörden beantworten. Sammelauskunftsersuchen, allgemeine Ausspähungsaktionen oder steuerliche Rasterfahndungen sind weiterhin ausgeschlossen. Allerdings werden Anforderungen an Auskunftsersuchen nur noch an minimale formale Voraussetzungen gebunden. Insbesondere ist die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens keine Voraussetzung mehr.
Für Deutsche mit Kapitalanlagen in der Schweiz sind zwei Neuerungen von besonderer Bedeutung:
- Wenn die Schweizer Steuerbehörden ein Amtshilfeverfahren gegen einen Deutschen einleiten, informieren sie diesen über die Einleitung des Verfahrens und fordern ihn auf, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. In diesem Fall muss der Deutsche unbedingt reagieren. Im Regelfall ist von einer Tatentdeckung durch die deutschen Steuerbehörden noch nicht auszugehen, da die Eidgenössischen Steuerbehörden noch keine Informationen an die deutschen Steuerbehörden weitergegeben haben. Der Deutsche muss dann prüfen (lassen), ob er noch eine Selbstanzeige machen kann.
- Wichtig ist darüber hinaus, dass neben dem Informationsaustausch außerdem eine Abgeltungssteuer auf Kapitaleinkünfte in der Schweiz erhoben wird. Dies gilt auch für die Vergangenheit, das entsprechende Verfahren heißt ‚Regularisierung‘. Die Schweizer Banken werden rückwirkend für 10 Jahre einen fiktiven Vermögenszuwachs ermitteln und davon nach gegenwärtigem Stand pauschal eine Steuer in Höhe von 26% bis 35% erheben. Der Vermögenszuwachs ist mit 3% pro Jahr anzusetzen. Einzelheiten des Verfahrens werden momentan noch verhandelt. Sobald feststeht, wie die Nachversteuerung tatsächlich durchzuführen ist, sollten betroffene Geldanleger prüfen (lassen), ob eine Nachversteuerung im Rahmen einer Selbstanzeige möglicherweise zu günstigeren Ergebnissen als die Schweizer Abgeltungssteuer führt.
Der Autor vertritt aber aus ganz anderen Gründen die Auffassung, dass eine Selbstanzeige in vielen Fällen ohnehin sinnvoll ist.
Es gibt Kommentatoren, die das neue DBA mit der Schweiz als „roten Teppich für Schweizer Banken“ bezeichnen. In eine ähnliche Richtung argumentiert auch Prof. Dr. Kanzler, seines Zeichens vorsitzender Richter des VI. Senats des BFH in NWB 40/2011, S. 3329.
Ich habe mal gelernt, dass Richter keine Ersatzpolitiker sind, sondern gesetztes Recht zu seinem Durchbruch verhelfen sollen. Politisch geprägt Äußerungen eines obersten Finanzrichters vertragen sich nicht mit der Position eines Richters.
Wenn Dr. Kanzler aber von wertenden Äußerungen zur Außen- und Steuerpolitik der Bundesregierung nicht lassen will, sollte er dies vielleicht in den richtigen Kontext setzen. Und der heißt: Wie sieht es eigentlich mit der Übermaßbesteuerung aus; mit der unbendigen Gier eines Staatswesens, dass wesentliche Teile seines (oder vielleicht doch unserer?!) Staatseinkommens in vollkommen überflüssigen Bürokratiemaßnahmen verpulvert?
Auf die Idee, dass Familien mit einem angemessen scheinenden Bruttoeinkommen geschröpft werden, bis das Blut kommt, scheint unserem obersten Rechtshüter kaum in den Sinn zu kommen. Die Einkommensteuer ist meist noch erträglich. Dann kommt aber die Sozialversicherung, die wie eine Steuer wirkt und aufgrund überbordender Bürokratie der öffentlichen Versicherungsträger vollkommen überteuert ist. Aber damit nicht genug. Versteckt zahlt die Familie weitere Steuern, wie
– Umsatzsteuer auf fast alle Güter und Dienstleistungen
– Grundsteuer
– Kfz-Steuer
– Energiesteuer
– andere Verbrauchsteuern aller möglichen Art
– usw. usw.
Gesamtbelastungssätze von weit über 50% dürften selbst bei niedrigen Einkommen gar nicht unüblich sein. Mit dem Thema „Kosten-Nutzen-Verhältnis“ der uns aufgezwungenen Belastungen sollte sich unser Professor mal beschäftigen. Und der wissenschaftlich interessanten Frage, ob es eine Steuerbelastung gibt, die von den Menschen als gerecht und angemessen empfunden wird.
Meine Erfahrungen jedenfalls zeigen, dass Schweizer Staatsbürger ihre Steuern ohne großes Murren zahlen. Ihnen ist bewußt, dass eine funktionierender Staat Gelt braucht. Aber er soll sich eben nur um die Dinge kümmern, die nur der Staat erledigen kann. Und der Staat muss seinen Staatsapparat und seine Ausgaben unter Kontrolle haben. Und gerade hier haben viele Bürger dieses Staates das Gefühl, dass gerade letzteres nicht der Fall ist.
Mann Gottes, wach auf! Wie unwichtig sind bei unseren Problemen die Schweizer Banken. Abgesehen davon, dass eine erhebliche Zahl der Personen mit schwarzen Konten in der Schweiz durchaus Staatsbedienstete sind. Die Aussage, dass es sich nur um Superreiche handelt, ist ein Märchen. Ich kenne Beamte und andere Staatsdiener, die nicht unerhebliche Beträge bei Schweizer Banken „geparkt“ haben.