Tarifverträge sind private Verträge zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Sie entfalten regelmäßig nur Wirkungen gegenüber den Tarifvertragsparteien. Nicht organisierte Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer von Unternehmen, die nicht Tarifpartei sind, fallen nicht unter den Schutz des Tarifvertrages. Hiervon gibt es aber eine Ausnahmen; nämlich wenn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt. Damit erlangt der Tarifvertrag rechtliche Wirkung für alle nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber des jeweiligen Wirtschaftssektors und der jeweiligen Region. Das hat erhebliche rechtliche Auswirkungen.

Häufig ist es gerade kleineren Unternehmen eines Wirtschaftssektors gar nicht bewußt, dass ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag existiert und direkte Wirkung auf das Arbeitsverhältnis mit den Mitarbeitern hat. Handelt es sich dann auch noch um einen Entgelttarifvertrag, ist regelmäßig ein tariflicher Mindestlohn vereinbart. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag einen unter dem tariflichen Arbeitslohn liegenden Stundensatz vereinbart, schuldet der Arbeitgeber den höheren Tariflohn.

Aber selbst, wenn der Arbeitnehmer nicht den höheren Tariflohn fordert, läuft der Arbeitgeber dennoch ein weiteres Risiko. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 14.07.2004 (B 12 KR 1/04) sind die Sozialversicherungsbeiträge aufgrund des tariflichen Mindestlohns zu berechnen. Die tatsächlich gezahlten niedrigere Vergütung ist für die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge nicht maßgeblich. Selbst wenn der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch des Arbeitnehmers durch einen (nachträglichen) Verzicht oder eine Ausschlussklausel entfallen sollte, steht dies der (höheren) Betragsforderung der Sozialversicherungsträger nicht entgegen. Im Ergebnis ist also nicht die gezahlte Vergütung sondern ein Phantomlohn für die Beitragshöhe maßgeblich.

Daneben bestehen noch strafrechtliche Risiken. Aus dem Arbeitsrecht können diese Risiken aber nur dann kommen, wenn Mindestlöhne ganz erheblich unterschritten werden. Aber die Abfühung zu geringer Sozialversicherungsbeiträge kann eine Straftat darstellen. Hierzu ist ein Vorsatz erforderlich. Unter Umständen reicht auch der bedingte Vorsatz.

Auf jeden Fall sollten sich Unternehmen informieren, ob ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag für das eigene Unternehmen gilt. Eine Liste der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge erhält man auf Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Man sollte sich auch nicht von der Vorstellung leiten lassen, nur in der Großindustrie gäbe es solche Verträge. Es ist eigentlich das Gegenteil der Fall, wie die auszugsweise Aufzählung zeigt:

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