Heutzutage ist die Grenzlinie zwischen cleverem Verhalten beim Akquirieren von Aufträgen und einem Korruptionsvorwurf nicht leicht zu ziehen. Geldzahlungen an Amtsträger und andere Personen zur Erlangung eines Auftrages können schnell dazu führen, dass sich Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter von Unternehmen einem Korruptionsvorwurf und damit strafrechtlichen Anschuldigungen ausgesetzt sehen. In solchen Fällen stellen dann die Unternehmen für ihre Mitarbeiter Strafverteidiger, um entsprechende Beschuldigungen abzuwehren. Im Nachgang stellt sich dann regelmäßig die Frage, welche steuerlichen Auswirkungen sich aus der Übernahme der Rechtsanwaltsgebühren für Unternehmen und Mitarbeiter ergeben.

Nunmehr musste sich der Europäische Gerichtshof mit einem solchen Fall beschäftigen (EuGH, Urteil vom 21.02.2013 – Rs. C-104/12):

Einem Bauunternehmer und gleichzeitig Geschäftsführer einer GmbH und einem Prokuristen dieser GmbH wurde Bestechung vorgeworfen, nachdem diese einen Auftrag eingeworben hatten und dabei Gelder an Personen gezahlt hatten, die über die Auftragsvergabe entscheiden mussten. Die GmbH beauftragte gemeinsam mit dem Geschäftsführer und dem Prokuristen je einen Strafverteidiger. Die Ermittlungen wurden zu guter Letzt gegen Auflagen eingestellt. Die Rechtsanwälte rechneten ihre Honorare gegenüber der GmbH ab. Diese machten die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt versagte aber den Vorsteuerabzug. 

Die Sache landete vor dem Bundesfinanzhof, der dem EuGH verschiedene Fragen zur Entscheidung vorlegte. Der EuGH führte seine Rechtsprechung fort. Diese verlangt für den Vorsteuerabzug einen direkten Zusammenhang zum konkreten Umsatz und zur gesamten Tätigkeit des Unternehmens. Ein direkter Zusammenhang zwischen den Strafverteidigungskosten und dem Umsatz kann ohne weiteres hergestellt werden. Ohne die strafrechtlich relevanten Handlungen des Geschäftsführers und Prokuristen, die letztendlich zu den Strafverteidigungskosten geführt haben, wäre es niemals zum entsprechenden Umsatz aus dem Bauauftrag gekommen. Der EuGH verneinte trotzdem die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Die Ermittlung der Strafverfolgungsbehörden haben sich gegen die handelnden Personen und nicht gegen die GmbH gerichtet. Diese hätten deshalb die Leistung nicht empfangen.

Offen blieben folgende Fragen:

  • Hätte die Vorsteuer abgezogen werden können, wenn sich die Ermittlungen direkt gegen die GmbH gerichtet hätten?
  • Muss die Vorsteuer aufgeteilt werden, wenn die Leistung an mehrere Empfänger erbracht werden?

Zu beachten sind auch andere steuerliche Wirkungen, die im einzelnen untersucht werden müssen:

  • Wann können solche Strafverfolgungskosten von einem Unternehmen als Betriebsausgaben abgezogen werden?
  • Kann die Kostenübernahme zugunsten eines Mitarbeiters zu einem lohnsteuerpflichtigen Sachbezug führen?
  • Kann die Kostenübernahme zugunsten eines Gesellschafter-Geschäftsführers zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen?