Grundsätzlich steht es Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) frei, wie sie ihre Gesellschaft finanzieren wollen. Notwendige Finanzmittel können als Eigen- oder Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden. Bei kleineren inhabergeführten Gesellschaften sind zwei wesentliche Formen der Fremdfinanzierung zu beobachten: Entweder geben die Gesellschafter Darlehen. Oder Finanzinstitute geben Darlehen, verlangen von den Gesellschaftern aber persönliche Sicherheiten wie beispielsweise selbstschuldnerische Bürgschaften. Falls die Gesellschaft in die wirtschaftliche Schieflage gerät und im Rahmen eines Insolvenzverfahrens abzuwickeln ist, stellt sich regelmäßig die Frage nach der steuerlichen Berücksichtigung des Darlehensverlustes oder der Inanspruchnahme aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft.
Grundsätzlich können offene oder verdeckte Einlagen beim Gesellschafter als Aufgabeverlust steuerlich abgezogen werden. In der Regel ist der wirtschaftliche Schaden aus dem Darlehensverlust oder der Bürgschaftsinanspruchnahme für den Gesellschafter aber wesentlich größer als der aus dem Verlust der Stammeinlage. Grundsätzlich führen auch Darlehensverlust und Bürgschaftsinanspruchnahme zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung und damit zu steuerlich abzugsfähigen Verlusten, wenn die Darlehenshingabe oder Übernahme der Bürgschaft im Gesellschaftsverhältnis begründet ist. Vor Inkraftreten der MoMiG und dem Wegfall des Kapitalersatzrechtes der GmbHG wurde auf den Begriff der Krise abgestellt. Das bedeutete, dass sich das Unternehmen bei Hingabe eines Darlehens oder Bürgschaftsinanspruchnahme in der Krise befunden haben musste, damit die Finanzierungsmaßnahme als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen war. In der Praxis fiel der Nachweis der Krise häufig schwer, weil die Verlust regelmäßig erst in späteren Jahren eintrat. Seit Ersatz des Kapitalersatzrechtes war unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Darlehenshingabe oder Bürgschaftsübernahme als im Gesellschaftsverhältnis anzusehen sei.
Nunmehr hat der BFH in seinem Urteil vom 24.01.2012 (IX R 34/10) für Klarheit gesorgt.
Im Urteilsfall hatte ein Gesellschafter der finanzierenden Bank eine Bürgschaft in Höhe von 5,45 Mio. DM gegeben. Die Bank nahm im nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Anspruch: Der Gesellschafter zahlte einen Teilbetrag und machten diesen als Aufgabeverlust geltend. Das Finanzamt berücksichtigte den Verlust nicht, weil es behauptete, dass sich die Gesellschaft bei Darlehenshingabe nicht in der Krise befunden habe. Hiergegen erhob der Gesellschafter Klage.
Der BFH stellt nunmehr klar, unter welchen Voraussetzungen die Bürgschaftsinanspruchnahme als nachträgliche Anschaffungskosten anzusehen ist. Finanzierungsmaßnahme (Darlehen; Bürgschaftsübernahme) sei dann gegeben, wenn ohne diese Maßnahme die Gesellschaft aus eigener Kraft geplante und abgestimmte Geschäftsmaßnahmen oder Investitionsmaßnahmen nicht durchführen könnte. Im Ergebnis kommt es darauf an, dass das finanzierende Finanzinstitut der Gesellschaft die Mittel nicht gewährt hätte, wenn der Gesellschafter eine Sicherheit nicht gegeben hätten.
Wichtig sind bei der Beurteilung folgende Kriterien:
- Maßstab ist immer die Sicht eines professionellen Kreditgebers.
- Jede einzelne Kreditvergabe ist gesondert zu betrachten.
- Die Gründe für das Bürgschaftsverlangens durch das Finanzinstitut sind entscheidend.
- Das Urteil der Hausbank ist insoweit ausreichend. Das Unternehmen muss nicht alternative Anfragen bei anderen Finanzinstituten stellen.
Hinweis: In der Praxis ist darauf zu achten, das Bürgschaftsverlangen der finanzierenden Bank möglichst genau nachzuweisen. Gleiches gilt natürlich auch für andere Sicherheiten wie Grundschuldbestellungen an Privatimmobilien.
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