1.

Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, mögliche oder tatsächliche sexuelle Belästigung im Arbeitsverhältnis aufzuklären. § 12 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) regelt die Pflichten des Arbeitgebers bei den Vorwürfen einer sexuellen Belästigung.

Der Arbeitgeber muss einem Verdacht einer sexuellen Belästigung nachgehen. Er muss auf einen nachvollziehbaren Verdacht der sexuellen Belästigung reagieren und Maßnahmen ergreifen. Verstößt der Arbeitgeber dagegen, drohen ihm Schadensersatzansprüche gem. § 15 Abs. 1 AGG.

Für den Arbeitgeber ist es ein schwieriger Weg, den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Er muss viel Fingerspitzengefühl aufweisen und kann Verdächtigungen nicht ohne weiteres übernehmen. Er steht in einem ständigen Konflikt zwischen den Arbeitnehmern/innen. Wird der/die verdächtige Arbeitnehmer/in ohne Begründung einer sexuellen Belästigung verdächtigt, kann dies auch strafrechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben, z.B. die Strafbarkeit der üblen Nachrede nach § 186 SGB oder der Arbeitgeber muss Schadensersatz an den Arbeitnehmer leisten.

Nur: Was ist unter sexueller Belästigung zu verstehen? Sexuelle Belästigung kann -muss aber nicht- notwendig mit einer Berührung zu tun haben. Verbale oder nonverbale Belästigung mit sexuellem Bezug reichen aus. Also was tun? Der Arbeitgeber muss dem Verdacht nachgehen. Es ist nicht Sache des belästigten Arbeitnehmers, sich selbst um Beweise zu bemühen. Der Arbeitgeber hat beide Seiten anzuhören. Bestätigt sich der Verdacht gegenüber einem Arbeitnehmer, er habe einen anderen sexuell belästigt, muss der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen gemäß § 12 Abs. 3 AGG ergreifen.

2.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verlangt vom Arbeitgeber auch, dass er Maßnahmen zur Prävention ergreift. Zu denken ist dabei an Aus- und Fortbildungen oder Aushänge oder Beiträge im Intranet zu dem Thema. Es reicht nicht aus, dass der Arbeitgeber sich passiv verhält.

Möglich ist es auch, dass der Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen mit seinem Betriebsrat trifft oder Richtlinien mit der Belegschaft entwickelt, die im Intranet veröffentlicht werden.

3.

Bei bestätigtem Verdacht muss der Arbeitgeber handeln. Gerichte neigen derzeit dazu, in jedem Fall eine Abmahnung zu fordern. Ob der Arbeitgeber mehr veranlassen muss, z.B. eine Kündigung, hängt im großen Umfang davon ab, wie der jeweilige Richter entscheidet. Für den Arbeitgeber bedeutet dies ein hohes Risiko.

Es ist dem Arbeitgeber zu empfehlen, möglichst den Weg zum Gericht auszuschließen. Gibt es die Möglichkeit, eine Versetzungsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer zu treffen, der die sexuelle Belästigung begangen hat, so sollte dieser Weg eingeschlagen werden. Dabei sollte dem Arbeitnehmer nicht nur angeboten werden, räumlich woanders tätig zu werden, sondern der Arbeitgeber sollte versuchen, den Arbeitsvertrag grundlegend zu modifizieren, z.B. dass er Homeoffice für den Arbeitnehmer anordnen kann. Sinnvoll ist es auch, die Zustimmung der belästigten Personen einzuholen und ggf. dem belästigenden Arbeitnehmer ein Bußgeld aufzuerlegen. Denkbar ist auch ein Schmerzensgeld für die belästigte Person.

4.

Noch schwieriger ist es für den Arbeitgeber, den richtigen Weg zu finden, wenn der Verdacht sich nicht bestätigt; er offen bleibt oder widerlegt ist.

In diesem Fall kann der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen den angeblich belästigenden Arbeitnehmer treffen. Andererseits ist für die belästigte Person die Situation höchst schwierig; Es besteht die Gefahr, dass sie in einer Überreaktionen sofort die Medien einschaltet. Der Arbeitgeber steckt in einer Zwickmühle.

Ein Weg wäre es, eine gemeinsame Erklärung mit den beiden Arbeitnehmern zu treffen. Die Vereinbarung sollte darauf hinweisen, dass es Ziel ist, sexuelle Belästigung andererseits zu bekämpfen und Falschmeldungen zu unterbinden. Die Beteiligten könnten aufzeigen, woran eine Aufklärung gescheitert sei.