Die Geschäftsveräußerung im Ganzen ist im Umsatzsteuerrecht ein brisantes Thema. Das Risikopotential wird dabei häufig unterschätzt. Deshalb ist es sehr wichtig, dass in Unternehmenskauf- und Unternehmensübertragungsverträgen diesem Punkt besondere Beachtung geschenkt wird.
Die Veräußerung eines Unternehmens unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Das bedeutet nicht, dass diese Veräußerung steuerbefreit sondern nicht steuerbar ist. Nun fragt man sich, welchen Unterschied es macht, ob ein Vorgang nicht steuerbar oder steuerbefreit ist. In beiden Fällen ist der Vorgang ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen. Aber die steuerlichen Folgen sind unterschiedlich. Dies gilt insbesondere, wenn im Rahmen einer Geschäftsveräußerung Grundstücke (mit-)veräußert werden. Beispiel: Ein Unternehmer errichtet im Februar 2009 auf einem Betriebsgrundstück Bürogebäude und Lagerhallen. Da von Anfang geplant war, die Gebäude zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden, wurden die Vorsteuern aus den gesamten Baukosten (€ 100.000) geltend gemacht. Im Februar 2011 veräußert der Unternehmer das Grundstück und Teile des übrigen Betriebsvermögens. Liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor und wurde keine Option zur Steuerpflicht ausgeübt, führt dies dazu, dass die Veräußerung steuerbefreit ist. Dies löst dann aber zwangsläufig die oben beschriebene Vorsteuerberichtigung aus. Der Berichtigungszeitraum beträgt bei Immobilien 10 Jahre, bei anderen Vermögensgegenständen 5 Jahre. Es fällt ein Berichtigungsbetrag von € 80.000 an (€ 100.000 x 8/10) an. Wird die Immobilie als Teil einer Geschäftsveräußerung im Ganzen mit veräußert, ist der Vorgang insgesamt nicht steuerbar. Und das bedeutet, dass es zu keiner Vorsteuerberichtigung kommt.
Das Beispiel zeigt, dass es durchaus von erheblicher steuerlicher Bedeutung sein kann, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt oder nicht. Und man sollte sich davor hüten, die Sache in leichtfertiger Weise falsch zu behandeln:
- Wird eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht erkannt und die Veräußerung mit Umsatzsteuer abgerechnet, wurde die Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen. Der Verkäufer schuldet die Umsatzsteuer, weil er sie ausgewiesen hat. Der Käufer kann trotz Vorliegen einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis die Vorsteuer nicht abziehen, weil diese zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde. Der Verkäufer hat die Rechnung zu berichtigen. Und in diesem Moment erhält er auch die Umsatzsteuer zurück. Der Käufer verliert aber rückwirkend das Recht, die Vorsteuern geltend zu machen. In der Regel stellt dies ein Betriebsprüfer erst nach Jahren fest. Der Nachzahlungsbetrag ist mit 6% p.a. zu verzinst (6% pa.). Wenn beispielsweise erst nach fünf Jahren festgestellt wird, dass der Vorsteuerabzug unzulässig war, sind 22,5% Zinsen zuzüglich zum Nachforderungsbetrag zu zahlen.
- Es ist auch ungünstig, wenn man bei Vertragsabschluss von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ausgeht, nach Jahren aber im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt wird, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen. Dann kann es beispielsweise zu den o.g. Vorsteuerberichtigungen kommen.
Bei Übertragungsverträgen, mit denen Unternehmen, Unternehmensteile oder vermietete oder verpachtete Grundstücke veräußert oder anderweitig übertragen werden, sollte man folgendes tun:
- Es ist im Vorfeld zu klären, wie die Rechtslage zu beurteilen ist. Leider sind in diesem Zusammenhang immer noch nicht alle Zweifelsfragen durch die Gerichte geklärt.
- Deshalb sollte man in solchen Übertragungsverträgen immer eine Umsatzsteuerklausel aufnehmen. Diese sollte zuerst die Einschätzung der Vertragsparteien enthalten, ob überhaupt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben ist oder nicht.
- Wenn man eine Geschäftsveräußerung im Ganzen ausschließt, sollte man in den Vertrag alle Pflichtangaben einer Rechnung nach den §§ 14 ff UStG aufnehmen oder regeln, dass der Veräußerer eine ordnungsgemäße Rechnung zu erstellen hat.
- Es ist auch zu vereinbaren, welche Pflichte und Rechte jeder Vertragspartner haben sollte, wenn die Finanzverwaltung eine andere Rechtsauffassung als die Vertragsparteien vertreten sollte.
- Für bedeutende Fälle ist auch zu vereinbaren, wie die Vertragsparteien zusammenwirken wollen, wenn gegen Umsatzsteuerbescheide im außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren vorgegangen werden soll. Darüber hinaus ist in solchen Fällen auch die Frage der Kostenverteilung zu klären.
- Wer sich diesbezüglich ausschließlich auf Textkonserven aus Musterverträgen verlässt, dürfte in der Regel fahrlässig handeln.
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