Entgegen der allgemeinen Auffassung, dass sich ein Kleinunternehmer keine Gedanken über die Umsatzsteuer machen muss, sind einige Besonderheiten zu beachten – insbesondere beim Leistungsaustausch in Europa.

Für Kleinunternehmer im Sinne des § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gelten diverse Sonderregelungen. Die Voraussetzung ist, dass der Umsatz des Unternehmers im vorausgegangenen Kalenderjahr € 17.500,00 nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich € 50.000,00 nicht übersteigen wird. Die nicht erhobene Umsatzsteuer für ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen sowie die Befreiung von der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen stellen zumeist die größten Vorteile dar. Allerdings können gezahlte Vorsteuerbeträge nicht geltend gemacht werden. Werden jedoch Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen im EU-Ausland aufgenommen, müssen Besonderheiten beachtet werden.

Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 6a UStG) liegt vor, wenn ein Unternehmer einen Gegenstand an einen Unternehmer im EU-Ausland liefert und dieser den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt. In diesem Fall schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in seinem Land – und hat einen Anspruch auf Vorsteuerabzug in selbiger Höhe. Der Kleinunternehmer kann jedoch keine innergemeinschaftliche Lieferung ausführen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Zur Vermeidung einer falschen umsatzsteuerlichen Behandlung beim Erwerber und einer möglichen zivilrechtlichen Haftung diesem gegenüber, sollte der Kleinunternehmer seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf diesen Rechnungen nicht angeben.

Der innergemeinschaftliche Erwerb gemäß § 1a UStG – quasi das Pendant zur innergemeinschaftlichen Lieferung – liegt vor, wenn ein Unternehmer einen Gegenstand für sein Unternehmen von einem Unternehmer aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat erwirbt. Ein solcher innergemeinschaftlicher Erwerb ist im Inland steuerpflichtig. Der geschuldete Steuerbetrag kann wiederum (beim Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen) als Vorsteuer geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

Ein solcher inngemeinschaftlicher Erwerb liegt jedoch grundsätzlich nicht vor, wenn der Empfänger der Lieferung ein Kleinunternehmer ist (§ 1a Abs. 3 UStG). Dies hat zur Folge, dass der leistende Unternehmer den entsprechenden Umsatzsteuersatz seines Landes ausweist und fordert. Die Optierung zur Anwendung des innergemeinschaftlichen Erwerbes steht dem Kleinunternehmer gem. § 1a Abs. 4 UStG offen. Die geschuldete deutsche Umsatzsteuer muss der Kleinunternehmer dann an das Finanzamt abführen. Ein Abzug dieses Betrages als Vorsteuer ist jedoch ausgeschlossen. Was für Vorteile bringt diese Optierung also mit sich? Ein kleines Beispiel soll dies verdeutlichen:

Ein Kleinunternehmer lässt sich von einem Unternehmen aus Finnland (allgemeiner Umsatzsteuersatz in Höhe von 24%) Waren für netto € 1.000,00 liefern.

Rechnungsempfänger ist Kleinunternehmer:

Waren                                    1.000,00 €

+ 24% finnische USt                240,00 €

Gesamtaufwand                    1.240,00 €

Kleinunternehmer optiert zur Erwerbsbesteuerung:

Waren                                    1.000,00 €

+ 19% deutsche USt                 190,00 €

Gesamtaufwand                    1.190,00€

 

Die Option zur Erwerbsbesteuerung ist, wie das vorangegangene Beispiel verdeutlicht, dann vorteilhaft, wenn der ausländische Umsatzsteuersatz höher ist als der deutsche. Die Verwendung der USt-ID gilt bereits als Optierung. Unbedingt zu beachten ist jedoch, dass die Optierung den Kleinunternehmer für zwei Kalenderjahre bindet (§ 1a Abs. 4 UStG).

Das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren gem. § 13b UStG besagt, dass der Empfänger einer sonstigen Leistung von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer die Umsatzsteuer im Inland schuldet. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmer, der die Umsätze ausführt, Kleinunternehmer ist (§13b Abs. 2 Satz 7 UStG). Diese Umsätze unterliegen der deutschen Umsatzsteuer, wobei der Steuerbetrag aufgrund der Kleinunternehmerregelung nicht erhoben wird.

Ist der Kleinunternehmer hingegen Empfänger einer solchen im Inland steuerpflichtigen Leistung, hat er die darauf entfallende Umsatzsteuer gem. § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Der Vorsteuerabzug ist auch in diesem Fall nicht gegeben.