In vorangegangene Beiträge haben wir schon auf diverse Problembereiche im Bereich des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs hingewiesen. An dieser Stelle fassen wir in Kurzform die aktuelle Rechtssprechung zu den formalen Anforderungen zusammen.

Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr ist der Lieferant aus Sicht der Finanzverwaltung in der Regel das schwächste Glied. Er behandelt innergemeinschaftliche Lieferung als steuerfrei. Wenn sich im Nachgang herausstellt, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen oder nicht nachgewiesen werden können, behandelt die Finanzverwaltung die eigentlich steuerfreien Lieferung als steuerpflichtig. Erhält der Lieferant die Umsatzsteuer nicht von seinem Kunden ersetzt – was der Regelfall sein dürfte – wird ein vormals profitables Handelsgeschäft unter Umständen zu einem Verlustgeschäft.

Aus der Sicht der Finanzverwaltung waren buch- und belegmäßige Nachweise immer materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Im Ergebnis führte dies dazu, dass Finanzbehörden selbst bei kleineren Versäumnissen in der Nachweisführung die Steuerfreiheit versagte. Dieser Rechtsauffassung sind allerdings EuGH und BFH entgegengetreten. Steht zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen, ist die Steuerfreiheit auch bei Nachweismängeln zu gewähren. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Lieferant aufgrund gewisser Beweisanzeichen vermuten muss, dass sein Abnehmer oder ein Dritter im Bestimmungsland der Ware Umsatzsteuer hinterzieht.

Gerade bei ausländischen Geschäftspartnern, mit denen keine etablierte Geschäftsbeziehungen bestehen, ist Vorsicht geboten. Folgende Maßnahmen können geboten sein, um das eigene Risiko zu minimieren:

  • konsequente qualifizierte Abfrage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
  • Überprüfung des Unternehmenssitzes
  • Anfordern eines Handelsregisterauszuges
  • Risikoanalyse bei marktunüblichen Preisgestaltungen
  • Dokumentation schriftlicher Kunderkontakte (Bestellungen, Schriftwechsel etc.)
  • Dokumentation, mit welchen Personen man in Kontakt getreten ist
  • Überprüfung des Internet-Auftrittes
  • Vermeidung von Bargeschäften
  • Nachfrage, wenn ein und der selbe Ansprechpartner für verschiedene Unternehmen auftritt
  • Dokumentation und Überprüfung von Handlungsvollmachten
  • Nachfrage, wenn Zahlungen nicht durch den Vertragspartner erfolgen
  • Bestätigung des Kunden, dass die Ware tatsächlich in das EU-Ausland physisch verbracht wird
  • in Abholfällen
    • Nachweis der Identität der abholenden Person (z.B. durch Kopie des Personalausweises des LKW-Fahrers)
    • schriftliche Bevollmächtigung des Kunden, dass diese Person die Ware abholen darf
    • schriftliche Bestätigung des Abholenden, dass er die Ware in das übrige EU-Ausland bringen wird