Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn Steuern verkürzt werden und die Verkürzung durch den Steuerpflichtigen vorsätzlich begangen wird. Es müssen beide Voraussetzungen vorliegen. Nicht jede Steuerverkürzung stellt eine Steuerhinterziehung dar. Liegt kein Vorsatz vor, kann auch keine Straftat vorliegen. Wird also eine steuerrelevante Tatsache durch den Steuerpflichtigen falsch gewürdigt oder einfach vergessen, kann bestenfalls eine Ordnungswidrigkeit gegeben sein.

Aber Achtung: Im Steuerrecht gibt es den Begriff des bedingten Vorsatzes. Der Vorsatz wird danach auch dann angenommen, wenn der Steuerpflichtige nicht wusste aber bei verständiger Würdigung des Sachverhalts hätte wissen müssen oder können, dass es zu einer Steuerverkürzung kommen kann. Informiert er sich nicht, läuft er Gefahr, dennoch eine Straftat zu begehen. Dies gilt zum Beispiel für einen Rentner, der gewisse Pensionszahlungen nicht angibt, weil er gehört hatte, dass diese Zahlungen nicht steuerpflichtig wären. Nach Rechtsprechung von Finanzgerichten hätte er sich aber dadurch informieren können, dass er das Merkblatt ließt, das mit den Formularen zur Einkommensteuererklärung versandt wird.

Was die meisten nicht wissen: Es gibt auch eine Steuerhinterziehung auf Zeit. Diese liegt vor, wenn wissentlich falsche Angaben in Anmeldungen oder Erklärungen gemacht werden, die sich in späteren Zeiträumen steuerlich wieder ausgleichen. In diesen Fällen entsteht für den Fiskus häufig nur ein Zinsverlust. Nach Rechtsprechung zuständiger Finanz- und Strafgerichte kann hierin eine Steuerstraftat liegen.

Der Klassiker in diesem Bereich sind wissentlich gemachte falsche Angaben in Umsatzsteuervoranmeldungen, die später in der Jahreserklärung richtig gestellt werden (sollen). Die Abgabe einer richtigen Umsatzsteuerklärung nach Ablauf des Jahres stellt dann zwar eine strafbefreiende Selbstanzeige dar. Dennoch aber fallen für die Zwischenzeit Hinterziehungszinsen an. Und die Selbstanzeige misslingt, wenn die Nachzahlung nicht fristgerecht entrichtet wird.

Es gibt daneben aber eine Vielzahl weiterer potentieller Fälle einer Steuerhinterziehung auf Zeit:

  • Die Verkürzung von Lohnsteuer, wenn davon ausgegangen wird, dass eine zutreffende Einkommensteuererklärung vom Arbeitnehmer abgegeben wird.
  • Falsche Angaben in Herabsetzungsanträgen zu Steuervorauszahlungen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer), wenn von einer späteren zutreffenden Veranlagung auszugehen ist.
  • Nichtabgabe von Kapitalertragsteueranmeldungen, wenn davon auszugehen ist, dass entsprechende Kapitalerträge später in der Einkommensteuerveranlagung zutreffend erfasst werden.
  • Aufstellung falscher Jahresabschlüsse und Abgabe falscher Steuererklärungen, wenn davon auszugehen ist, dass falsche Bilanz- oder Steuererklärungsansätze in späteren Jahren zu entgegen gesetzten Steuereffekten führen werden (ungerechtfertigte Teilwertabschreibungen, unzulässige Ansparabschreibungen, unzutreffende Rückstellungsbildung etc.)

Die Steuerhinterziehung auf Zeit wird insbesondere in Fällen, in denen der Steuereffekt nachher tatsächlich wieder ausgeglichen wird, zu einer strafmindernden Beurteilung führen. In vielen Fällen wird man Bußgeld- und Strafsachenstellen auch davon überzeugen können, das Verfahren gegen Zahlung eines zusätzlichen Ordnungsgeldes einzustellen. Für betroffene Unternehmen oder Privatpersonen wird es aber regelmäßig teuer. Zinsen und Steuern sind zu zahlen. Und dann sollte man sich darauf einstellen, mindestens denselben Betrag zusätzlich zahlen zu müssen. In der Regel ist es wirtschaftlich günstiger, richtige Anmeldungen und Erklärungen abzugeben. Außerdem benötigt man stahlharte Nerven, wenn das Verfahren erst einmal von der Bußgeld- und Strafsachenstelle oder gar der Staatsanwaltschaft aufgegriffen wird.

Noch ein Praxishinweis: In der Regel ist es günstiger, wenn man mit den Bußgeld- und Strafsachenstellen zu tun hat. Diese haben vorrangig das Interesse, dem Fiskus so viel Geld wie möglich in die Kasse zu spülen. Damit kann man häufig eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung entsprechenden Aufgeldes erlangen. Es wird teuer aber man kommt ohne Vorstrafe davon. Liegt ein Fall erst einmal bei der Staatsanwaltschaft, wird die Sache unangenehmer. Die Staatsanwaltschaft hat weniger das Fiskalinteresse des Staates im Auge als die Strafverfolgung. Spätestens an dieser Stelle sollte man einen versierten Steuerstrafrechtlicher beauftragen.