Zur Vervollständigung der Reihe Grundstücksbewertung, eine Wissenschaft für sich geht es heute um das Sachwertverfahren (§ 182 Abs. 4 BewG). Am 30. Oktober 2020 hatte ich bereits allgemein zur Bewertung von Grundstücken und zum Vergleichswertverfahren (§ 182 Abs. 2 BewG) mit Hilfe des Hamburger Immobilienmarktberichtes Stellung genommen und am 31. Mai 2022 wurde das Ertragswertverfahren (§ 182 Abs. 3 BewG) genauer unter die Lupe genommen.

Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren richtet sich nach den § 182 Abs. 4 und §§ 189 bis 191 BewG. Es ist anzuwenden auf Wohnungseigentum, Teileigentum und Ein- und Zweifamilienhäuser, für die kein Vergleichswert vorliegt sowie auf Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt und auf sonstige bebaute Grundstücke.

Der Wert des Gebäudes ist getrennt vom Wert des Grund- und Bodens zu ermitteln.

Der Gebäudesachwert ergibt sich für Bewertungsstichtage bis zum 31. Dezember 2022 nach dem folgenden Schema:

Regelherstellungskosten gem. Anlage 24 BewG (§ 190 Abs. 1 BewG)

x Baupreisindex gem. Statistischem Bundesamt
(Anpassung der Regelherstellungskosten an den Bewertungsstichtag, § 190 Abs. 2 BewG)

./. Alterswertminderung (§ 190 Abs. 4 BewG) unter Zugrundelegung der wirtschaftlichen
Gesamtnutzungsdauer
nach Anlage 22 zum BewG und Berücksichtigung der in den letzten 10
Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen (R B 190.7 Abs. 3 ErbStR 2011)
=  vorläufiger Gebäudesachwert

Mindestansatz 30 % der Regelherstellungskosten (§ 190 Abs. 4Satz 5 BewG)

+ Wert des Grund und Bodens

= vorläufiger Sachwert inkl. Grund und Boden
x Wertezahl gem. Gutachterausschuss bzw. Anlage 25 BewG (§ 191 BewG)

= Sachwert des gesamten bebauten Grundstückes

Der Bodenwert ergibt sich aus dem Bodenrichtwert x Grundfläche (§ 179, § 184 Abs. 2 BewG)

Zusammen ergibt sich der Grundbesitzwert nach dem Sachwertverfahren.

Für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 wurde das Berechnungsschema um den Regionalfaktor ergänzt. Dadurch sollen regionale Schwankungen bei den Regelherstellungskosten ausgeglichen werden. Die Regionalfaktoren werden von den jeweiligen Gutachterausschüssen ermittelt. Stehen von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Regionalfaktoren zur Verfügung, gilt der Faktor 1 (§ 190 Ab. 5 BewG neue Fassung).

Des Weiteren wurden ebenfalls für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 die wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauern der Gebäude (Anlage 22 zum BewG) und die Wertezahlen gem. Anlage 25 zum BewG angehoben Ein Einfamilienhaus hat dann z.B. nicht mehr eine wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren sondern von 80 Jahren. Bei einem vorläufigen Sachwert gem. § 189 Abs. 3 BewG neue Fassung in Höhe von € 400.000,00 und einem Bodenrichtwert in Höhe von 500,00 €/m² ergibt sich eine Wertezahl von 1,4 anstatt bisher 1,0.

Zur Ermittlung der Regelherstellungskosten wird nicht die Wohnfläche, sondern die Bruttogrundfläche des zu bewertenden Gebäudes benötigt. Mit Glück ergibt sich diese aus den Bauunterlagen. Bei der Ermittlung der Bruttogrundfläche werden die äußeren Maße der Bauteile einschließlich Bekleidung (z.B. Putz, Außenverschalung) zu Grunde gelegt. Die Bruttogrundfläche umfasst alle nutzbaren Ebenen eines Gebäudes, so dass sofern alle Ebenen des Gebäudes in etwa gleich groß sind, die Bruttogrundfläche überschlägig durch Multiplikation der bebauten Grundfläche x Anzahl der nutzbaren Ebenen ermittelt werden kann. Vereinfachend können auch die Umrechnungsfaktoren von der Wohnfläche zur Bruttogrundfläche aus der Anleitung für die Berechnung zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises des Bundesamtes für Finanzen (BMF) angewendet werden.

Die Tabellen mit den Regelherstellungskosten sind nach Standardstufen aufgebaut. Um die Regelherstellungskosten ablesen zu können, muss daher vorab ermittelt werden, welche Standardstufe das zu bewertende Gebäude am Bewertungsstichtag aufweist. Hierzu gibt es je nach Gebäudeart entsprechende Formulare, in denen durch ankreuzen die Standardstufen der einzelnen Bauteile angeben werden können. Die einzelnen Standardstufen der Bauteile sind jeweils kurz umschrieben. Des Weiteren ist die Bauart des Gebäudes wichtig. Ist das Gebäude unterkellert, hat es ein Dachgeschoss, ist dieses ausgebaut, hat es ein Flachdach oder ein spitzes Dach, vieviele Stockwerke sind vorhanden, etc.

Zum Schluss

Auch beim Vergleichswertverfahren und beim Ertragswertverfahren wurden für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2022 zahlreiche Faktoren angepasst, so dass die Grundbesitzwerte, nicht nur aufgrund der stetig steigenden Bodenrichtwerte, höher ausfallen werden als bisher.

Insbesondre bei der Planung von Grundstücksschenkungen sollte ein Steuerberater hinzugezogen werden, um mögliche Steuereinsparungspotentiale ausnutzten zu können und Stolperfallen zu vermeiden.