Zunehmend erhalten deutsche Handwerker Aufträge, die im Ausland auszuführen sind. Das hat steuerliche und zollrechtliche Auswirkungen. Übersieht man diese, drohen steuerliche und zollrechtliche Probleme. Dieser erste Beitrag beschäftigt sich mit den steuerlichen Anforderungen an betroffene Handwerksbetriebe bei Auftragsabwicklungen im Ausland.

Handwerker, die im Ausland Aufträge ausführen, müssen steuerlich folgende Situationen unterscheiden:

  • Wichtig ist die Frage, ob der Auftrag in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder im Drittland – wie beispielsweise der Schweiz, Norwegen oder Russland – ausgeführt werden soll.
  • Entscheidend ist auch, welche Art von Dienstleistungen angeboten werden. Die Qualifikation als Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, Arbeiten an beweglichen Gegenständen oder sonstige Dienstleistungen ist beispielsweise für die umsatzsteuerliche Behandlung von großer Bedeutung.
  • Von Bedeutung ist auch, ob der Leistungsempfänger Unternehmer oder Nichtunternehmer – beispielsweise eine Privatperson – ist. Wichtig ist ebenfalls, ob der Auftraggeber im Inland, EU-Ausland oder in einem Drittstaat ansässig ist.
  • Bei Bau- und Montageaufträgen ist manchmal auch die Dauer der Auslandstätigkeit von Bedeutung.

In der Folge sollen nur einige steuerliche Brennpunkte untersucht werden:

Umsatzsteuer: Bau- und andere Handwerkeraufträge im Ausland

Im Vorfeld ist zu klären, ob das Handwerksunternehmen für die Auftragsabwicklung einen so genannten Hauptstoff verwendet. Verwendet das Handwerksunternehmen einen Hauptstoff, liegt eine so genannte Werklieferung vor. Das bedeutet, dass der gesamte Auftrag umsatzsteuerlich wie eine Lieferung und nicht wie eine Dienstleistung behandelt wird. Dies gilt selbst dann, wenn der Dienstleistungsanteil den Materialanteil wertmäßig überwiegt; zu beachten ist allerdings eine Vereinfachungsregelung für Reparaturleistungen an Beförderungsmitteln.  Werden dagegen nur Nebenstoffe verwendet, liegt eine sonstige Leistung (Werkleistung) vor. Im Zweifel ist die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenstoffen schwierig. Auf jeden Fall sind Kleinmaterial und Verbrauchsstoffe immer Nebenstoffe.

Die Abgrenzung zwischen Werklieferung und Werkleistung hat umsatzsteuerlich weitreichende Folgen.

  • Handelt es sich um eine Werklieferung, ist zu untersuchen, wo die Verfügungsmacht des Werkes auf den Auftraggeber übergeht. Dieser Ort wird bei Bauleistungen regelmäßig im Ausland liegen. Das bedeutet aus deutscher Sicht, dass die Lieferung in Deutschland nicht steuerbar ist. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass das Handwerksunternehmen im Ausland umsatzsteuerliche Pflicht erfüllen muss.
  • Im Ausnahmefall kann eine Werklieferung auch zu einer Ausfuhr führen. Dann sind die formellen Regelungen zur Ausfuhr oder innergemeinschaftlichen Lieferung peinlichst genau einzuhalten, um die Steuerfreiheit der Lieferung nicht zu gefährden. Sofern entsprechende Umbau-, Refit- oder Reparaturaufträge im Inland ausgeführt werden, liegen häufig Ausfuhr- oder innergemeinschaftliche Lieferungen vor, wenn die Gegenstände nach Umbau oder Reparatur in das Ausland verbracht werden.
  • Liegt dagegen eine Werkleistung vor, wird die Sache sehr kompliziert. Die nachfolgenden Beispiele geben nur wenige der denkbaren Varianten wider.
  • Handelt es sich bei dem Auftrag um eine grundstücksbezogene Leistung, liegt der Ort dieser Dienstleistung immer dort, wo das Grundstück liegt. Das bedeutet bei Auslandsaufträgen regelmäßig, dass die Leistung im Inland nicht steuerbar ist. Nunmehr ist danach zu unterscheiden, ob die Leistung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder im Drittland ausgeführt wird. Außerdem kommt es darauf an, wo der Auftraggeber seinen Sitz oder Wohnsitz hat und ob es sich um einen umsatzsteuerlichen Unternehmer oder um einen Nichtunternehmer (beispielsweise eine Privatperson) handelt. Die Varianten sind so vielfältig, dass sie hier nicht dargestellt werden können. Jeder Fall kann je nach Detail anders zu beurteilen sein. Auf jeden Fall sind im Inland bestimmte Regeln zur Erklärung diese Umsätze in Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen sowie zur Aufstellung einer korrekten Rechnung zu beachten. Im Ausland ist die Leistung regelmäßig umsatzsteuerpflichtig. Das kann dazu führen, dass sich das Handwerksunternehmen im Ausland umsatzsteuerlich registrieren lassen und dort alle steuerliche Pflichten erfüllen muss. Bei Unternehmenskunden und Baustellen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat kann es aber auch sein, dass die Steuerschuldnerschaft auf den Auftraggeber übergeht (Reverse Charge). Das gilt aber nicht für alle EU-Mitgliedsstaaten.
  • Werkleistungen liegen insbesondere bei Reparatur, Instandhaltung, Erneuerung, Wartung, Reinigung, und beim Beschriften, Etikettieren oder Befüllen eines Gegenstandes vor.
  • Für Reparatur- oder Umbauleistungen an Beförderungsmitteln und anderen Gegenständen (beispielsweise Schiffen, Booten, Flugzeugen und anderen Beförderungsmitteln) gelten andere Regeln. Diese Leistungen sind bekannt unter dem umsatzsteuerlichen Begriff Arbeiten und Begutachtung an beweglichen Gegenständen.  Hier kommt es entscheidend darauf an, ob der Auftraggeber Unternehmer oder Nichtunternehmer ist, wo er seinen Sitz hat und ob die Leistung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder im Drittland ausgeführt wird. Je nach Fallkonstellation können diese Leistungen im In- oder Ausland steuerpflichtig sein. Liegt der Ort der Leistung im Ausland, können wiederum die oben beschriebenen Varianten zur Anwendung kommen.
  • Problematisch ist auch, dass die umsatzsteuerlichen Regelungen selbst in der EU nicht vollumfänglich harmonisiert wurden. Deshalb werden in gewissen Situationen nach deutschem und ausländischem Recht umsatzsteuerlich nicht zueinander passende Regelungen angewendet.

Fazit: Die Erbringung von Bau- und anderen Handwerkerleistungen im Ausland ist umsatzsteuerlich komplex und bedarf für jede Fallgruppe einer besonderen Prüfung der rechtlichen Verpflichtungen im In- und im Ausland.

Hinweis: Es gibt natürlich noch weitere steuerliche Besonderheit. Dies gilt beispielsweise für Bauausführungen und Montagen in Staaten, mit denen Deutschland kein DBA abgeschlossen hat. Unter gewissen Voraussetzungen können Mitarbeiter ohne Lohnsteuerabzug oder spätere Einkommensteuerbelastung dorthin gesandt werden (Auslandstätigkeitserlass).

Autoren: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation     Matthias Göcke, Steuerberater