Für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer werden keine elektronischen Lohnsteuer-Abzugsmerkmale (ELStAM) bereitgestellt. Damit der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug durchführen kann, erteilt das Betriebsstättenfinanzamt eine besondere Bescheinigung über die Steuerklasse und ggf. die beim Abzug des Solidaritätszuschlags zu berücksichtigenden Freibeträge für Kinder sowie über Freibeträge oder Hinzurechnungsbeträge.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, diese Papierbescheinigung dem Arbeitgeber vor Beginn des Kalenderjahres oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis vorzulegen. Kommt er dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nach, so muss der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach der Steuerklasse VI einbehalten. Wie „schuldhaft“ im Sinne dieser Verpflichtung auszulegen ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Diese Bescheinigung ist vom Arbeitnehmer bei dem für den Arbeitgeber zuständigen Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Antrag auf Bescheinigung der Steuerklasse I im Namen des Arbeitnehmers zu stellen.
Für Arbeitnehmer sieht § 46 Abs. 4 Satz 1 EStG eine Abgeltung der auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) entfallende Einkommensteuer durch den Lohnsteuerabzug vor. Wurde der Arbeitslohn eines beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmers mangels Vorliegen dieser besonderen Bescheinigung für den Steuerabzug vom Arbeitgeber mit Steuerklasse VI besteuert, besteht für einen Staatsangehörigen eines Drittlandes, also für keinen Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union (EU) oder eines anderen Staates ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet, nur noch eine eingeschränkte Möglichkeit zu viel bezahlte Steuern zurückzuerhalten. Hierfür muss der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für einen Antrag auf Veranlagung zur fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht erfüllen.
Für die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 EStG existieren zwei Voraussetzungen:
- die gesamten Einkünfte des Arbeitnehmers für das jeweilige Kalenderjahr unterliegen zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer oder
- die Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, betragen nicht mehr als den Grundfreibetrag gem. § 32a Abs. I 2 Nr. 1 EStG (z. Zt. € 8.820) in dem betreffenden Kalenderjahr.
Da diese Voraussetzungen in nur wenigen Fällen vorliegen dürften, ist bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern aus Drittländern unbedingt darauf zu achten, dass dem Arbeitgeber vor Beginn des Kalenderjahres oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis die Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorliegt.
Ansonsten besteht das Risiko, dass die aufgrund der Anwendung der Steuerklasse VI zu viel einbehaltene Lohnsteuer einschließlich des zu hohen Solidaritätszuschlages und ggf. einer zu hohen Kirchensteuer nicht mehr vom Finanzamt zurück gefordert werden kann.
Von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Staates, auf den das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, die im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, kann eine Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt und so zu viel einbehaltene Lohnsteuer zurückerhalten werden (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4b i.V.m. Satz 7 EStG).
Hinterlasse einen Kommentar