In Deutschland können ohne Weiteres Verwaltungsakte gegen Personen erlassen werden, die nicht im Inland ansässig sind. Dies können beispielsweise Steuer- oder Haftungsbescheide der Finanzamtes sein. Dabei erweist sich in der Praxis die Zustellung immer als schwierig, wenn der im Ausland Ansässige keinen Empfangsbevollmächtigten benennt.

Und genau einen solchen Fall hatte das Finanzgericht München (Urteil vom 27.04.2010, 6 K 3192/09) zu entscheiden.

Das Finanzamt wollte einen Haftungsbescheid an einen Haftungsschuldner mit Wohnsitz inder Schweiz zustellen und forderte ihn mit einfachen Brief auf, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, stellte das Finanzamt den Bescheid öffentlich zu. Nach Zahlungsaufforderung legte der Haftungsschuldner Einspruch ein. Dieser Einspruch ging allerdings nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ein. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, weil die Rechtsbehelfsfrist abgelaufen sei. Das Finanzgericht gabe im folgenden Klageverfahren dem Finanzamt recht und bejahte die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung und wies überspannte Anforderungen an anderweitige Zustellungsbemühungen des Finanzamtes zurück.

Der Ausdruck öffentliche Zustellung klingt harmlos, ist in der Praxis für den Betroffenen aber hoch gefährlich. Eine öffentliche Zustellung erfolgt, wenn beispielsweise der Aufenthaltsort des Empfänger unbekannt ist oder die Zustellung außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes erfolgen müsste, aber unausführbar ist oder keinen Erfolg verspricht. Dann hat das Finanzamt die Möglichkeit, das zuzustellende Schriftstück an der Stelle auszuhängen, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist (Tafel für öffentliche Bekanntmachungen). Alternativ kann statt des Schriftstücks eine Benachrichtigung ausgehängt werden, aus der hervorgeht, wann und wo das Schriftstück eingesehen werden kann.

Es ist natürlich leicht einsichtig, dass der Adressat eines Verwaltungsaktes hiervon keine Kenntnis erhält. Dennoch muss er alle Rechtsfolgen, in unserem Fall also den Fristablauf der Rechtsbehelfsfrist, gegen sich gelten lassen. Und das kann, wie sich jeder leicht vorstellen kann, sehr unangehme Folgen haben. Immerhin könnte der Haftungsbescheid ja fehlerhaft und die Forderung des Finanzamtes vollkommen überzogen sein.

Natürlich hat das Finanzamt Ermittlungspflichten. Aber das Finanzgericht hat nun bestätigt, dass an die Ermittlungspflicht keine zu hohen Anforderung gestellt werden kann.

Gegen das Urteil der Finanzgerichtes wurde Revision eingelegt. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird.

Im Ausland Ansässige, die steuerliche oder andere verwaltungstechnische Anknüpfungspunkte in Deutschland haben, sollten einen Empfangsbevollmächtigten bestellen. Auf jeden Fall sollten Schreiben und Aufforderungen deutscher Behörden nicht ignoriert werden. Dies gilt natürlich auch für in Deutschland Ansässige in Bezug auf ausländische Behörden, wie dies der Fall einer deutschen Spedition zeigt. Sind erst einmal Zahlungsaufforderung in der Welt, kann man sich nur noch schwer gegen sie zur Wehr setzen. Und man sollte bedenken, dass aufgrund der EU-Beitreibungsrichtlinie bzw. anderer internationaler Vereinbarung die Vollstreckung von Steuerforderungen im Ausland für die Finanzverwaltungen sehr viel einfacher geworden ist.