Rückstellungen werden in der Praxis häufig genutzt um Gewinne in die Folgejahre zu verschieben oder um das Jahresergebnis nach außen (z.B. für Banken) besser darzustellen. Dabei wird häufig übersehen, dass Rückstellungen kein „Wunschkonzert“ sind. In 3 Teilen stellen wir Ihnen anhand von Beispielen die Pflichten und die Gestaltungsmöglichkeiten bei Rückstellungen dar.
Teil I: Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen
Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ergibt sich i.d.R. aus dem Gesetz (z.B. Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, Erstellung Jahresabschluss) oder durch Verwaltungsakt (z.B. Betriebsprüfung). Bei der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ist die Voraussetzung für die Bildung der Rückstellung bereits mit Ablauf des Bilanzstichtages erfüllt. Somit ist die Rückstellung zwingen dem Grunde nach zu bilden (wertbegründende Tatsache liegt vor bzw. ist bereits erfüllt). Bei der Rückstellung für Betriebsprüfungen (nicht bei Großunternehmen gem. § 3 BpO) ist die Rückstellung erst zu bilden, wenn der Verwaltungsakt (hier Betriebsprüfungsanordnung) bekannt gegeben ist.
Beispiel:
Betriebsprüfungsanordnung (für die Jahre 2009 bis 2011) vom 20. Dezember 2012 wird der Geschäftsführung erst am 2. Januar 2013 (wegen Betriebsferien) bekannt. Die Rückstellung für Betriebsprüfung ist zum Bilanzstichtag am 31.12.2012 zu bilden, da die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vor dem 31. Dezember 2012 liegt. Nur durch die Betriebsferien wird der Bekanntgabezeitpunkt nicht in das neue Geschäftsjahr verschoben.
Betriebsprüfungsanordnung (für die Jahre 2009 bis 2011) vom 2. Januar 2013 geht der Geschäftsführung am 2. Januar 2013 per Fax zu. Die Rückstellung ist zum Bilanzstichtag 31.12.2012 nicht zu bilden.
Dies gilt zwingend für die Handelsbilanz und die Steuerbilanz.
Hier ist klar ersichtlich, dass die Bildung der Rückstellung dem Grunde nach kein „Wunschkonzert“ ist. Sind die Voraussetzungen für die Rückstellungsbildung erfüllt ist die Rückstellung dem Grunde nach anzusetzen.
Im zweiten Schritt ist die Rückstellung zu bewerten. Hier sind sämtliche Informationen und Erkenntnisse bis zur Bilanzaufstellung mit einzubeziehen. Wird der Jahresabschluss sehr früh im Folgejahr aufgestellt liegen i.d.R. weniger neue Erkenntnisse vor als bei einer Aufstellung erheblich später im Folgejahr.
Bei der Bewertung der Rückstellung ist meist ein gewisses Gestaltungspotenzial vorhanden. Bleiben wir an dem Beispiel der Betriebsprüfung, ist klar, dass die Höhe der Rückstellung für Kosten des Steuerberaters, für die Stunden der eigenen Mitarbeiter und die sonstigen Kosten stets zu schätzen sind. Sobald Werte zu schätzen sind sollte sich stets an Erfahrungen aus der Vergangenheit orientiert werden. Liegen keine Erfahrungswerte vor, erfolgt die Schätzung quasi „frei“. Hier ist erkenntlich, dass die Höhe der Kosten eher niedrig bzw. eher hoch geschätzt werden können. Somit kann bei der Schätzung der Rückstellungen eine gewisse Ergebnisgestaltung vorgenommen werden.
Wichtig ist: Schätzen heißt nicht raten, sondern nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung abzuwägen und zu bewerten. Somit sollten bei Schätzungen stets geeignete Unterlagen geschaffen werden, die der Schätzung zu Grunde liegen.
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